Hier ein kleiner Eindruck unserer Veranstaltung am 1. Mai – Tag der Arbeiter*innenbewegung!
Es gab einen Linseneintopf und Farmersalat und viele leckere Toppings dazu. Gutes Wetter, gute Laune und ‘ne Menge netter Leute am Start. Geile Aktion. Ich freu mich auf die nächsten Wochen und aufs nächste Kochen!
Das einzige Manko war für mich, dass wir, die von Anfang an mitgekocht und bis zum Schluss mit aufgeräumt haben, insgesamt 9 Stunden am machen waren! Hat Bock gemacht, war aber auch anstrengend und am Ende des Tages war ich komplett platt. Daher wie immer die Einladung: Kommt liebend gerne ganz unverbindlich, entspannt und unbedingt getestet und maskiert zum Kochen vorbei, jetzt wieder immer Dienstags ab 17:30 im Juzi. All are welcome! (Außer Cops, Nazis, Macker, Schwurbler*innen etc.)
Und wir haben da auch einen nicen Beitrag über Sorgearbeit, Soliküche und Utopie vorgetragen. Den könnt ihr hier nochmal lesen:
Heute ist der 1. Mai – Tag der Arbeitenden.
Da stellt sich die Frage: Wessen Arbeit?
Gewerkschaften rufen mehr aus Gewohnheit denn aus kämpferischer Tradition zum Streiken auf. An einem Sonntag scheint das ironischer denn je. Die meisten Produktionsstandorte bleiben heute sowieso ruhig, Ladentüren geschlossen und auch für die meisten Studis bedeutet Sonntag keinem Minijob nachgehen zu müssen.
Stattdessen verbringen viele den Feiertag zuhause mit der Familie, Freund*innnen oder Mitbewohner*innen. Es wird groß gekocht oder die Wohnung geputzt. Die nächste Woche wird gedanklich vorbereitet, vielleicht das Schulkind zu Hausaufgaben “ermutigt” oder der Geburtstag der Oma gefeiert.
Sonntag bedeutet also keineswegs faulenzen, zumindest nicht für alle. Denn was oft als “freier Tag” bezeichnet wird, ist endlich Zeit, um Hausarbeit zu erledigen und Zeit für die Kinder und/oder Verwandten zu haben. Und was am 8. März von allen abgenickt wird, scheint am 1. Mai schon wieder vergessen: Sorgearbeit ist Arbeit! Und diese wird eben in den allermeisten Fällen von Flintas verrichtet.
Wir wollen daher noch einmal in knapper Ausführlichkeit darauf eingehen, was Sorgearbeit im Kapitalismus bedeutet. Und um nicht alternativlos deprimiert zu werden, vorstellen, warum wir glauben, dass die SoliKüche eine praktisch gelebte Utopie darstellen kann.
“Sie nennen es Liebe. Wir nennen es unbezahlte Arbeit.
Sie nennen es Frigidität. Wir nennen es Schwänzen.
Jede Fehlgeburt ist ein Arbeitsunfall.
[…]
Mehr lächeln? Mehr Geld! Nichts wird die heilsamen Kräfte eines Lächelns gründlicher zerstören. Neurose, Selbstmord, Entsexualisierung: Berufskrankheiten der Hausfrau”
Zynisch sind die Worte Silvia Federicis in ihrer Forderungen nach Lohn für Hausarbeit. Heute kommt die Kampagne veraltet daher, die Kritik ist durch neoliberale Politiken, vorgeschobene Vorwände in Pandemie und Krieg aktueller denn je.
Die fehlende oder viel zu knappe Entlohnung der Sorgearbeit geht für Federici auch mit einer fehlenden Anerkennung einher. Und das macht Sinn: Weil Sorgearbeit unsichtbar bleibt, geht sie nicht in die Tauschlogik des Kapitalismus ein und kann daher ganz ohne Gegenwert die Bedingungen für kapitalistische Ausbeutung schaffen.
Es wundert daher nicht, dass selbst Marx bei seiner Kapitalismus-Analyse die Reproduktion nur unzureichend bedachte. Erst weil Sorgearbeit im Hintergrund passiert, können die Lohnarbeiter ausgebeutet werden. Kapitalinteressen von Unternehmer*innen können somit aufrechterhalten werden.
Und Streik? Der kommt nicht in Frage, denn das hieße schließlich den Kindern die Gute-Nacht-Geschichte und dem Mann das Abendbrot und den Feierabendfick zu entziehen.
Denn zweidrittel aller erledigten Arbeit ist Sorgearbeit! Kochen, Einkaufen, Putzen, Kinder bespielen, Termine im Kopf Behalten sind nur einige Beispiele für diese unbezahlte Arbeit. 60 Prozent der unbezahlten und 80 Prozent der bezahlten Sorgearbeit werden von Flintas erledigt.
Die kapitalistische Arbeitsteilung sieht nicht nur vor, dass sie sich auf das Private beschränken und ihnen öffentliche und einflussreiche Positionen verwehrt bleiben. Oftmals müssen sie zusätzlich in schlecht bezahlten und abgesicherten sogennanten flexiblen Jobs lohnarbeiten. Dieser Trend hat in Zeiten der Pandemie zugenommen, denn Kurzarbeit, Stellenkürzungen und fehlende Absicherungen führten zu finanziellen Engpässen bei den eh schon prekär Angestellten. Zusätzlich machen Kindergärten und Schulen regelmäßig zu und bitten die Kleinen in häusliche Quarantäne, was die Doppelbelastung noch verstärkt. Das ist es, wenn Federici ironisch von Neurose, Selbstmord und Entsexualisierung als Berufskrankheiten spricht. Denn natürlich schlägt die doppelte Ausbeutung auf die Gesundheit.
Schaut man auf die globale Ebene, so ist das Bild nicht besser. Flinta außerhalb Europas leiden oft noch mehr unter kapitalistisch-patriarchalen Zuständen. Feministische Institutionalisierung wie vereinzelte, weiße Vorzeigefrauen in der politischen Arena und Strukturanpassungsmaßnahmen wie die Mikrokredite in afrikanischen Ländern sorgen letzlich für einen Bruch zwischen weißen und schwarzen Flintas.
Rückgeführt wird diese Aufteilung auf vemeintlich biologisch festgelegte Eigenschaften. Frauen seien gefühlsbetonter, weicher und natürlich und damit nicht geeignet für “da draußen”; Männer dagegen sind rational, ihren Gefühlen überlegen, stark, weshalb sie immerzu in der Öffentlichkeit ihre Meinung heraus brüllen sollen. Biologische Konstrukte von mann und Frau gibt es zwar nicht erst sei dem Kapitalismus, sie dienen aber damit der ausdifferenzierten Arbeitsteilung, die das System aufrecht erhält.
Einer ähnlichen Logik folgt die Klimakrise, was Gabriele Winker in ihrem neuen Buch “Solidarische Care-Ökonomie” aufgreift. Natur kann beherrscht und unterworfen werden. Der ständige Zwang nach Wachstum führt zu einem immer wachsenden Verbrauch an Ressourcen. Außerdem wird immer mehr Arbeitskraft benötigt, die diese verwertet. Lohndumping und Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen sind die Folge.
Die Politik wirkt dem nicht entgegen. Der Wohlfahrtsstaat nimmt nur dürftig die Rolle des Vermittlers zwischen Mensch und Kapitalismus wahr (denn ja, für nichts anderes ist er da). Stattdessen setzen CDU und SPD neue neoliberale Maßstäbe – die FDP fordert diese schon lange und die Grünen ziehen mit. Das heißt Arbeitgeber*innen-freundliche Politik und Privatisierung von vormals öffentlichen Sektoren wie Transport und Gesundheit.
Neoliberale Politiken bedeuten auch, Bedürfnisse und Arbeit, die solche versorgen, ins Private und Persönliche zu drängen. Gesundheit ist kein kollektives Sich-Umeinander-Kümmern, sondern persönliches Schicksal. In letzter Konsequenz fordern das nicht nur Schwurbler*innen, sondern auch Bürgerliche und “Alternative”, die das Individuum und dessen Freiheit vor Solidarität stellen. Die Erzählung von “Jeder ist seines eigenen Glückes Schmieds” legitimiert große Ungleichheiten.
Aber auch im Kleinen leben wir diese Realität- jede ist größtenteils für sich alleine verantwortlich, Lebensmittel teilt man sich vielleicht, aber Umverteilung bleibt abstrakt politische Forderung. Ökonomische Zwänge und gelernte Gewohnheiten lassen keinen Raum für gemeinsame Bewältigung von Krisen aller Art. Dass wir in vielen Lebensbereichen so vereinzelt sind, ist meistens so selbstverständlich, dass wir gar nicht merken, in was für einem traurigen System wir da eigentlich leben. Die Sorge um das Notwendige liegt bei jedem Menschen einzeln: Ob das jetzt Gesundheit ist, Bildung, Lohnarbeit oder halt das Essen, das wir jeden Tag wieder brauchen. Das ist ein grundlegender Teil unserer Tagesplanung und läuft immer irgendwie mit – schaffe ich es, zu Hause zu kochen? Hab ich die Zeit und Energie dafür? Wie viel Fast Food kann ich mir leisten? Wie werde ich in der kurzen Mittagspause satt, so dass es einigermaßen schmeckt und nicht zu teuer ist? Und auch wenn wir uns das häufig anders wünschen, stehen wir trotzdem am Ende des Tages oft alleine in der Küche und kochen unser eigenes Süppchen oder schieben die Tiefkühlpizza in den Ofen, weil die Zeit nicht für was anderes reicht.
In einigen WG´s und Nachbarschaften wird versucht, dem entgegen zu treten. Das Auto teilt man sich und Mitbewohner*innen sind auch Freund*innen mit offenen Ohren für Probleme. Gemeinschaftsgärten und Skill Sharing versuchen Ähnliches: Gemeinsam statt vereinzelt die Bedürfnisse zu befriedigen.
Und auch hier wollen wir zumindest einmal in der Woche diese Routine aufbrechen. In der Soliküche kochen wir gemeinsam mit Gemüse aus der Region eine leckere vegane Mahlzeit.
Die Soliküche soll ein Ort sein, an dem wir kollektiv Sorgearbeit organisieren und Verteilung nach Bedürfnissen funktioniert. Wir kochen zusammen,wir teilen unser Wissen, unsere Fähgikeiten und die Lebensmittel. Wir brechen aus aus der Logik, in der Essen sonst meist funktioniert – wir wollen nicht Bedienen und Bedient Werden und das Essen soll nicht vom Geldbeutel abhängen. Statt Konsumieren und Aufrechnen wollen wir uns hier gemeinsam umeinander kümmern und einen Ort für Austausch und Freundschaft schaffen. Wer keine Zeit zum Kochen hat, ist herzlich zum Essen und Quatschen eingeladen. Jeden Dienstag treffen wir uns ab 17.30 zum Kochen, ab 20.00 gibt es Essen, danach wird zusammen abgewaschen. Kommt bitte getestet, vor allem zum Kochen.
Zum Schluss noch eine kleine Vision: die Soliküche soll ein Beispiel dafür sein, wie wir unser Leben gemeinsam organisieren könnten. Wenn wir den Kapitalismus erstmal überwunden haben, können wir unser Leben so kollektiv oder einzeln gestalten, wie wir möchten – in jeder Straße eine Soliküche, Essen vom Dachgarten und vom Feld nebenan, drei Mal am Tag! Warum eigentlich nicht? Wir werden das Essen zusammen gestalten, ohne Geld, in Gemeinschaft mit unseren Nachbar*innen und Freund*innen. Mit Muße und Zeit, wer Lust hat, kann vegane Sahnetörtchen für das ganze Haus backen – und wer es sich lieber nur schmecken lässt, weiß, dass man immer gut versorgt ist durch Gemeinschaftsküchen überall. Auf dem Weg zu dieser Utopie stärken wir uns Dienstags gegenseitig mit einer leckeren Mahlzeit und wir freuen uns, dass ihr dabei seid.
Lasst es euch also schmecken